Es ist noch dunkel als ich mich aus dem Bett schwinge und nach dem Rock greife. Nach einem kleinen Frühstück verlasse ich das Haus und da ich meinen eigenen Atem sehe, bin ich nicht nur an der Strumpfhose unter dem Rock, sondern auch über die doppelte Lage Jacken froh. Auf dem Weg zur Arbeit, genauer gesagt zur Schule, begegnen mir schon die ersten Schüler, aber auch sonst sind schon einige Menschen auf den Beinen.
Außerdem viele Tiere: Während Ziegen oder Kühe öfters an einem Pfahl angebunden sind, spazieren Hühner ganz frei herum. Manche tragen als Erkennungszeichen ein Stück Stoff im Gefieder. Gemeinsam haben alle, dass sie als Nutztiere gehalten werden. So gibt es auch die begriffliche Ähnlichkeit von Tier („mnyama“) und Fleisch („nyama“), ein Tier ist sozusagen Fleisch mit Lebewesenpräfix.
Als ich nach einer halben Stunde Fußmarsch an der Schule ankomme, sind die Schüler noch dabei den Schulhof zu kehren. So ist auch der Kreidekreis auf der Erde von meinem gestrigen Unterricht verschwunden.
Vier Unterrichtsstunden und die Flächeninhalte verschiedenster Formen später sitze ich an der Schulküche und werde von der Schulköchin Mama Neema auf Kimanda begrüßt. Kimanda ist eine mehrerer lokaler Sprachen, die hier in der Umgebung gesprochen werden. Die meisten Tansanier haben neben Suaheli noch eine lokale Bantusprache als zweite Muttersprache – ich bin schon froh darüber in jeder lokalen Sprache die richtigen Begrüßungen parat zu haben.
Ich bekomme von ihr ein Stück Süßkartoffel, diese wird zuerst gekocht und anschließend kurz ins heiße Fett geworfen, und wir reden ein bisschen, bevor ich nach der Pause zurück ins Klassenzimmer gehe. Übrigens heißt Mama Neema nicht selber Neema. Neema ist der Name ihrer ältesten Tochter. Mama ist hier fast schon eine Art Ehrentitel, es bedeutet nämlich, dass man erfolgreich Kinder großzieht oder großgezogen hat. Deshalb wird man nach dem ersten Kind benannt. Meine Mutter würde also ganz offiziell „Mama Katharina“ heißen.
Nach einer weiteren Doppelstunde Mathe ist Mittagspause und alle Schüler strömen Richtung Mittagessen. An der einen Seite der Schulküche gibt es für jeden einen Stich Maisbrei, Ugali genannt, auf der anderen Seite folgt ein Schöpfer Bohnen aus einem Topf mit einem Durchmesser von einem Meter.
Als Nachmittagsprogramm steht heute Debatte auf dem Stundenplan. Auch ich lausche der Diskussion über Vor- und Nachteile öffentlicher und privater Schulen. Wer hier genügend Geld hat, verwendet dieses gerne, um den Kindern Privatschulbildung zu ermöglichen. Gerade zu dieser Zeit finde ich es sinnvoll angelegt, da die Schülerzahlen seit der Abschaffung der Schulgebühren vor kurzem rapide gestiegen sind. Dadurch kommen die staatlichen Schulen mit Ressourcen und qualifizierten Lehrkräften kaum hinterher. Umso mehr freute auch ich mich, als vor einigen Wochen mein Unterricht ausfiel, weil die gesamte Form 1 in den Ort laufen sollte, um Tische und Stühle zu holen.
Später auf dem Heimweg bringe ich vom Markt Tomaten mit und schaue auf der Post vorbei. Für mich ist leider nichts angekommen. Zuhause alles abgestellt ist es schon später Nachmittag und ich mache mich mit meiner Mitbewohnerin, der einzigen anderen Weißen im Umkreis von 150km, auf den Weg zu einer Joggingrunde – auch angenehm in Anbetracht der kalten Dusche hinterher. Unser Joggen führt zu dem ein oder anderen Lacher seitens der Tansanier, die wir treffen. Auch ein paar meiner Schüler, die noch auf dem Heimweg sind – aufgrund der Entfernung zur Schule würde ich ihren Schulweg auf über eine Stunde schätzen – und mit „Shikamoo“ grüßen. Eine Begrüßung die Älteren oder höher Gestellten gegenüber verwendet wird und wörtlich von „ich halte deine Füße“ abgeleitet ist. Besonders wenn man hier einmal auf den staubigen Straßen unterwegs war, kann man die Herkunft dieses Grußes nachvollziehen.
Später, nachdem gekocht und gegessen ist, werden noch die letzten Vorbereitungen für den morgigen Unterricht getroffen und ich mache mich müde auf den Weg ins Bett.
Liebe Grüße aus Ludewa,
Katharina